Was geht eigentlich auf Reddit mit den ganzen Atomkraft-Fans ab?
Ich bin mal wieder auf dieses wunderbare Subset der Reddit-Nutzer gestoßen und mal ganz ehrlich - das ist doch eine bezahlte Desinfo-Kampagne oder sonstwie über ein anderes Subreddit organisiert, oder? Bei wirklich jedem Energie-Thema (wie etwa hier) kommen plötzlich zig Leute an, die sonst nie im Subreddit unterwegs sind und erstmal "Schlimm, dass Deutschland die Atomkraftwerke abgeschaltet hat" posten. Und dann hauen im Pulk haufenweise Posts raus, die irgendwie zwischen Missinformation und ChatGPT liegen. Ernsthaft: Wer schreibt bitte so wenn nicht ChatGPT?
This is clearly a problem that needs significant investment and converted effort to solve. However, I would reiterate that these problems simply aren't applicable to modern nuclear power generation approaches. The mistakes of the past when we understood little of the security requirements of the technology cannot be assumed to be representative of the safety of newer plants.
Das ganze wird kombiniert mit einer sehr überzeugten Ahnungslosigkeit. Es ist ja eh schon erstaunlich, dass so viele englischsprachige Leute sich für die deutsche Energieinfrastruktur interessieren und dann genau wissen, wie sich der deutsche Energiemix nach dem Atomausstieg zusammensetzt, aber es ist halt schon erstaunlich, dass die alle gnadenlos falsch liegen und wirklich alle falsche Infos verbreiten.
Also: Hat einer von euch eine Ahnung, was dort los ist?
Das fällt mir bei Atomkraftthemen forenübergreifend auf, egal ob Heise, Ars Technica oder auch Lemmy.
Bei Heise sind es immer wieder die gleichen drei Konten, die den gleichen Schmus schreiben, egal, wie oft sie die Gegenargumente gehört haben.
Bei Ars war ich letztens sehr überrascht über die Negativität und die Uninformiertheit der initialen Kommentare.
Bei Lemmy werden Kontra-Nuklear-Postings in !climate@slrpnk.net oft auch gnadenlos nach unten gewählt.
Diese Kampagnen funktionieren aber weitgehend organisch. Ein Industrie-Thinktank à la EIKEVerzeihung, bearbeitet: Nuclearia denkt sich Argumente aus und die werden dann organisch ganz gut weiterverbreitet.
Die nuclear bros versuchen schon länger ganz gezielt solarpunk communities mithilfe des Narrativs vom sauberen Atomstrom zu unterwandern. Das war damals auf reddit ziemlich heftig, mittlerweile bin ich dort nicht mehr unterwegs.
Ich hatte da frueher auch oefter mal die Diskussionen - das sind Leute die Atomkraft innerhalb einer idealen Umgebung sehen, wo es tatsaechlich bis vor kurzem noch eine gute Option gewesen waere, aber ausblenden dass ein alter Tischler die Laender in denen das halbwegs sauber gehandhabt wird an einer Hand abzehlen kann.
Ich selber lebe seit langem in Finnland - Atomkraft hier sehe ich komplett unproblematisch, zumindest den Bestand. Neubau macht jetzt denke ich auch keinen Sinn mehr, und ich denke das haben die Verantwortlichen mit dem neulich ans Netz gegangenen Reaktor (nach massiven Verzoegerungen und Kostensteigerungen) auch kapiert. Aber: Die Gegend hier ist geologisch extrem stabil, und das Endlagerproblem ist ordentlich geloest.
Fuer Deutschland sehe ich dagegen Atomkraft als unmachbar an - da bekommt man nicht mal ne Stromtrasse Nord-Sued hin, Endlagerversuche wurden mehrmals verkackt, politische Situation ist allgemein eine Katastrophe mit einem Misch aus NIMBY und Korruption.
Das Thema wird in anderen Ländern halt ganz anders gesehen als hier (in Deutschland). Frag mal die Franzosen, was die von ihrem Atomstrom denken. Oder die Amerikaner (die auf reddit sehr dominant sind). Wenn man den deutschsprachigen Diskurs zu dem Thema gewohnt ist, sind diese Meiningen erstmal ungewohnt.
Dass die über den deutschen Strommix nicht viel wissen sollte auch nicht zu überraschend sein. Viele dieser Leute sind über Memes informiert. Die wissen von Nord-stream, dem Atomausstieg und den hohen Strompreisen. Ähnlich wie hier vor ein paar Jahren viele aus drei Schlagzeilen über Griechenland die einzig richtige Meinung ableiten konnten.
Tatsächlich ist ein bisschen davon sogar auf Putins Propaganda zurückzuführen, die ende 2021 vor der Invasion ihren Höhepunkt nahm. Da wurde im Internet und besonders auf Reddit extrem viel German Bashing betrieben wegen des Atomausstiegs. Die Idee hinter der Aktion war, Deutschland als komplett abhängig von Russland darzustellen und vom Rest Europas zu isolieren. Immer nach fem Motto: „Die dummen Deutschen haben so viel Angst vorm Atom, dass sie allein von minderwertiger Kohle und und Russlands Gas leben.“ Diese Narrative macht dort seit dem die Runde und viele haben sich komplett drauf versteift, dass Deutschland angeblich kein Plan zur Energieversorgung hätte.
Na ja und abgesehen davon hast du halt die eingeschworenen Nuclear-Bros, die wie die Children of Atom aus Fallout das Atom anbeten. Solche Kulte sieht man da ja ständig wie zum Beispiel bei Tesla, dem Cryptoboom oder Gamestop. Die denken nicht mehr Rational.
Genau, das ist auch der böse Putin. Das es erst auch den Atom-Gipfel in Brüssel gab, bei dem Deutschland als einziger EU-Staat nicht dabei war ist auch nur Propaganda.
Was hat das jetzt mit meinem Kommentar zu tun? Und warum sollte Deutschland da als nicht-Atom-Nation denn hin? Deine Logik beißt sich in den eigenen Schwanz.
Das ist wahrscheinlich eine AstroTurf Kampagne der Atomindustrie, bzw die Gruppe der User die darauf reinfallen und den Schmu weiterverbreiten. Anders kann ich mir die Art und Weise wie da argumentiert wird jedenfalls nicht mehr erklären. Zu versuchen mit denen zu diskutieren ist Zeitverschwendung, denn Argumente die ihre Aussagen konkret widerlegen ignorieren sie systematisch. Ich hab schon vor einer ganzen Weile aufgehört da mitzureden, der Unsinn der da immer wieder abgespult wird macht mich einfach zu wütend. Am schlimmsten finde ich deren haarsträubende Standardbehauptung, jeder der gegen Atomkraft ist sei automatisch pro Kohle und andere Fossile.
Hier treiben die sich übrigens leider auch schon rum und versuchen Diskussionen zum Thema Atomkraft zu kapern.
Ich geh davon aus, dass das von "Small Modular Reactor" Startups und deren Investoren getrieben wird. Auf Hackernews gibt es auch immer hunderte immer gleiche Kommentare wenn es um Atomkraft geht und die komische Annahme, dass Deutschland ja jetzt mehr Kohle verbrenne, denn außer Atomkraft und Kohle scheint es in der Welt dieser "Leute" nichts zu geben.
Ich bezweifle stark, dass man solche Kommentare als "Atomtrolle" oder Atomstartup(-investoren) abstempeln sollte. Der große Teil wird mit Sicherheit überzeugt von ihrem Standpunkt sein, ob aus Unwissenheit oder übertriebenen Erwartungen zur Endlagerung und Baukosten.
Auch ich war vor einigen Jahre durchaus überzeugt, dass die richtigen Reaktoren mit genügend Entwicklung und Zeit eine sinvolle Energiequelle sein könnten. Mit fallenden Kosten von Batterien und erneuerbaren Energien habe ich meine Meinung geändert, nicht zu vergessen habe ich mehr über die Atomkraftundustrie gelernt.
Leute als Trolle abzustempeln hilft mMn. niemandem weiter, sondern macht es nur einfacher, sich nicht mit Ihnen auseinander setzen zu müssen. Gerade auf Hackernews gibt es viele Leute, die glauben mit Technologie alles lösen zu können, ohne die unüberwindbaren politischen und sozialen Hindernisse zu akzeptieren.
Am schlimmsten finde ich deren haarsträubende Standardbehauptung, jeder der gegen Atomkraft ist sei automatisch pro Kohle und andere Fossile.
Das ist zwar auch schlimm aber noch schlimmer finde ich eigentlich dass komplett ignoriert wird dass Deutschland auch vor dem Atomausstieg nur einen einstelligen Prozentsatz des Stroms aus den Atomkraftwerken gedeckt hat. Es wird aber immer so dargestellt als ob es sich hier um eine massive Verschiebung des Energiemixes gehandelt hätte.
Das ist mir, gerade auf Reddit, auch schon massiv aufgefallen. Da wird sehr stark Stimmung betrieben.
Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich bei dem Thema noch keine klare Position gefunden habe. Ich kenne ein paar Fakten, bzw. meine sie zu kennen und sehe durchaus sowohl die Vorteile als auch die Nachteile.
Die Popularwissenaftssendungen und Youtuber, die ich dazu kenne (Nate Hagen und Sabine Hossenfelder fallen mir spontan ein) sind auch eher Pro-Nuclear.
Vorsichtiger Zwischenstand mit meinen aktuellen Halbinfos wäre, das Nuklear zwar realtiv ungefährlich aber viel zu teuer ist und das Geld besser in Erneuerbare gesteckt wegen muss. Dann heißt es aber immer es brauche eine Grundlast und die haben wir ohne Batterien oder Hydro halt einfsch noch nicht...
Kennt jemand eine gute Zusammenfassung der verschiedenen Argumente oder hat jemand eine Quelle welche die Pro Argumente wiederlegt? Muss nicht speziell für Deutschland sein, ich bi ln allgemein noch unsicher ob ich Atom als Lösung sehe.
Im Grunde geht alles auf Kosten. Atom ist sauteuer, keiner versichert es dir, das notwendige Material schafft neue Abhängigkeiten das Müllproblem ist ungelöst und alle aktuellen Mailer haben massive Verspätung - davon abgesehen, dass ich mir nicht vorstellen kann, das du irgendwo einen Ort findest, wo nicht sofort eine Bürgerinitiative protestiert.
Man kann das alles mit Geld regeln, aber sinnvoller ist es wohl, das Geld in dezentrale Erneuerbare, in Speicher und vor allem ins Netz zu investieren.
Habeck bricht es hier ganz gut runter, auch wenn er ganz klar Anti-Atom ist - Grüne DNA halt, ab Minute 2:06 sowas
https://youtu.be/8xznqbpv0QE
Hier liegt glaube ich auch einer (wenn vielleicht auch kleiner) Grund für die ganzen pro Atom dudes (oft ja auch durch rechte Parteien forciert). Erneuerbare können dezentral betrieben werden und öffnen die Möglichkeit der Energieerzeugung für Bürgerbeteiligung abseits der großen Konzerne. In D gibt es glaube ich bereits kleine Kommunen, die ihren Haushalt mit PV oder Windenergie saniert haben. Kommen Einnahmen aus der Energieerzeugung direkt den Leuten vor Ort zu Gute, fördert das sicher auch die Akzeptanz, wenngleich es die Gewinne von Eon, EnBW etc. schmälert.
Dann heißt es aber immer es brauche eine Grundlast und die haben wir ohne Batterien oder Hydro halt einfsch noch nicht...
Thema Grundlast wird oft als Nebelkerze missbraucht
Dadurch das AKWs nicht sofort an/aus geschaltet werden können sondern eher Tage dafür brauchen, werden stattdessen z.B. Windkraftanlagen kurzfristig still gestellt bevor ein AKW runtergefahren wird
Dadurch das AKWs nicht sofort an/aus geschaltet werden können sondern eher Tage dafür brauchen
Ich verstehe nicht, woher das Gerücht kommt, dass AKW ein Problem damit haben schnell hoch- und herunterzufahren. Das denken irgendwie alle, dabei stimmt das gar nicht. Da gibt es kein prinzipbedingtes Problem, die können das und z. B. in Frankreich wird das auch gemacht. Der Grund, warum AKWs meist als Grundlast betrieben werden, ist, dass sie hohe Fixkosten haben, ob das Ding jetzt läuft oder nicht, deswegen lässt man es einfach laufen. Bei Gas und Kohle z. B. ist der Brennstoff ein signifikanter Kostenfaktor, also lohnt sich das herunterfahren. Rein technisch können AKWs das sogar schneller als Kohlekraftwerke, also z. B. von 100 % Leistung auf 60 % sollte innerhalb von einer Viertelstunde möglich sein, aber das macht halt niemand, weil warum auch.
Es kann schon sein, dass nicht alle AKWs dafür ausgelegt wurden, aber viele deutsche AKWs konnten das. Hier ein Artikel von 2011 dazu: Load-following with nuclear power plants (etwas technisch, hat aber einen netten Plot, also ich meine Figure 2)
Es gab mal vor ner Zeit mehrere Videos von amerikanischen Youtubern, die die Vorteile von Atomkraftwerken herausgestellt haben, meist auf theoretische Machbarkeit und moderne Kraftwerkstypen bezogen. Danach habe ich aktiv einen Anstieg der Atomjünger-posts gesehen. Bei denen kommt man mit keiner Argumentation durch.
Um die genannten Erklärungen noch zu ergänzen: In vielen dieser Art Foren (auch Lemmy) scheint sich über einen gewissen Zeitraum eine eigene Forenmeinung zu bilden, welche von einer Vielzahl der Teilnehmer teilweise mit den gleichen Argumenten mitgetragen und kaum hinterfragt wird. Dazu gehört:
Nuclear beste
Linux beste
FOSS hat nie Probleme und beste
Biden kann alle Kriege der Welt im Alleingang beenden usw.
Ich will nicht sagen, dass die Aussagen komplett falsch sind, eher allgemeiner aufzeigen, dass viele Diskussionen kaum noch stattfinden bzw. über Jahre immer die selben Argumente bedient werden. Im Alltag wäre das zum Beispiel dann Elektroautos haben nie genug Reichweite oder Ausbau des Radverkehrs/ÖPNV sinnlos, weil alle leben auf dem Land.
Was mir auch immer auffällt ist wie weit die Kommentare teilweise ausholen, auch wenn das übergreifende Thema gar nicht direkt eine Verbindung zu Atomkraft hat. Als ob man irgendwie gleich alle Punkte abdecken müsste, die man kritisieren könnte (ganz gleich ob sie überhaupt stimmen, z.b. die angeblich niedrigen Kosten / bang for your buck werden sehr oft erwähnt).
Also die grundsätzliche Logik dass wir lieber Atomkraft anstatt Kohle nutzen sollten um die Umwelt zu schonen macht komplett Sinn. Der Abfall der entsteht ist vergleichsweise gering, moderne Reaktoren sind wirklich sehr sicher, insbesondere im europäischen Festland außerhalb von erdbeben- und tsunamigebieten.
Natürlich muss komplett saubere und erneuerbare Energie das Ziel sein, aber in der Zwischenzeit die Reaktoren abzuschalten und dafür mehr Kohle zu verbrennen ist auf jeden Fall die schlechtere Idee.
Nachdem das gesagt ist, den Neubau befürworte ich natürlich auch nicht und bin mir auch bewusst dass beträchtlicher ökologischer Schaden bei der Förderung des Brennstoffs entsteht. Die Lagerung des Abfalls ist auch ein langfristiges Problem, aber doch verschwindend gering angesichts der Alternative des unmittelbar bevorstehenden Kollaps des Ökosystems welches uns am leben hält.
Atomkraft ist viel teurer als die Alternativen. Bei der Gewinnung der Rohstoffe für die brennstäbe wird soviel giftiger Abfall frei dass ganze Landstriche (in anderen Ländern, nicht Deutschland) verwüstet und unbenutzbar werden. Also überhaupt keine saubere Energie.
Natürlich muss komplett saubere und erneuerbare Energie das Ziel sein, aber in der Zwischenzeit die Reaktoren abzuschalten und dafür mehr Kohle zu verbrennen ist auf jeden Fall die schlechtere Idee.
Aber genau das ist die immer wieder verbreitete Falschinformation darüber, was in Deutschland passiert. Es wird immer weniger Kohle verbrannt, nicht mehr. Ja, ich weiß man hätte Atomkraftwerke länger laufen lassen und stattdessen Kohlekraftwerke abschalten können, faktisch gab es einen gleichzeitigen Atom- und Kohleausstieg, der Atomausstieg war nur früher abgeschlossen, dadurch wird aber nicht mehr Kohle verbrannt sondern trotzdem weniger.
Der Punkt ist, dass Deutschland im Jahr 2000 ca. 170 TWh/Jahr an relativ sauberem Atomstrom produzierte. Diese Kapazität wurde schnell reduziert während die Erneuerbaren ausgebaut wurden und die Stromproduktion mit Kohle langsam reduziert wurde. 2023 wurden in Deutschland noch 135 TWh Kohlestrom produziert.
Eine alternative Strategie wäre ein Ausbau der Erneuerbaren und ein schneller Ausstieg aus der Kohle gewesen. In einem zweiten Schritt hätte man dann aus der Atomenergie aussteigen können.
Ich denke die zweite Strategie wäre sowohl aus ökologischer als auch aus gesundheitlicher Sicht eine bessere Wahl gewesen. Wenn man von einer Todesrate von 25 Personen pro TWh bei Kohlestrom ausgeht, dann hätte man mit den 170 TWh* Atomstrom ca. 4000 Tote pro Jahr vermeiden können! Aber weil die Atomenergie ein viel besseres Feindbild abgibt, hat man den Ausstieg aus der Kohle verschleppt.
*Ein Weiterbetrieb wäre aber wohl nicht bei allen Kernkraftwerken sinnvoll gewesen.
Wie kann man bitte diese einfach Logik nicht verstehen:
Atomkraftwerke produzieren X Megatonnen Strom pro Jahr. Dieses X kann man sofort von der Kohle abbauen, indem man entsprechend Kohlkraftwerke abschaltet.
EE ist natürlich noch nachhaltiger, aber weniger praktisch in der Anwendung. Braucht viel Platz, Infrastruktur und Batterien um eine konstant gleichbleibende Versorgung zu gewähren, und ist daher eher weniger geeignet um zB Vehikel jeglicher Art zu betreiben oder in Bereichen mit inkompatiblen Umweltbedingungen für Wind und Solarenergie. Von daher glaube ich dass, wenn wir es endlich mal zum laufen kriegen, fusionsenergie schlicht praktikabler ist, aber natürlich in Kombination mit EE eingesetzt werden sollte.
Ist das Gegenpendel der Leute, die Atomkraft schon fast religiös ablehnen. Ich würde das nicht als bot Kampagne abstempeln.
Solche Phänomene kann man oft sehen, wenn eine Gesellschaft lange so extrem für oder gegen etwas ist, was nüchtern betrachtet nicht so teilend sein sollte...
Am schlimmsten finde ich das Negieren der Gefahren, so wird behauptet, durch Kernenergie Nutzung seien insgesamt weniger als 100 Menschen gestorben und den Verweis auf die 37 (27?) offiziellen Tschernobyl Toten, die die Soviet Union damals publizierte. Auch das Thema Endlager oder Brennstoffgewinnung und dessen Herkunftsländer wird gerne ausgeblendet.
Kernenergienutzung ist m. E. nur nötig für Länder, die Kernwaffen erzeugen und warten müssen. Es gibt sonst keinerlei rationale Gründe dafür.
Am wichtigsten ist jedoch, wie es gestern sogar Armin Laschet, in der Carmen Miosga Runde mit Ricarda Lang, gepflegt befestigt hat. "Dieses Thema ist durch."
War halt ein schöner Aufhänger für die Opposition um den von Union und FDP beschlossenen Ausstieg den Grünen umzuhängen. So wurde das Thema Atomenergie nicht nur wieder in die Medien gespült sondern auch noch begleitet von massenhaft Populismus. Es gab zwar keine neuen Erkenntnisse, aber den Grünen konnte mal wieder etwas in die Schuhe geschoben werden, bei dem es schon lange vor der Ampel Probleme gab.
Nach dem alles was die Union verbockt jetzt den Grünen angehängt wurde wird es wieder Zeit für 16 Jahre Union in der Zeit sie sich für Erfolge anderer feiern lassen können
Um die Zeitlinie grade zu kriegen: Rot Grün haben den Ausstieg entschieden (Anfang 2000er behaupte ich), Schwarz Gelb haben das verzögert und nach Fukushima wieder verkürzt zu dem, was Rot Grün unter Schröder beschlossen hatte
Als Migrantin muss ich sagen: Ich verstehe den Widerstand gegen Atomkraft gar nicht. Sie ist nicht mehr die beste Energiequelle, aber dies ist nur seit Kurzem so. Die Sachen, die Atomkraftwerke gefährden, sind keine großen Risiken in Deutschland, nämlich Erdbeben, Tsunamis und Vernachlässigung durch die Regierung nach Art sowjetischer Union.
Wir können ja mit Atomkraft anfangen, wenn es ein Endlager gibt und wir wissen, was die Endlagerung über ihre Jahrtausende lange Dauer hinweg kostet.
Dann können wir diese Kosten auf die Stromkosten aufschlagen und schauen, ob es sich lohnt.
Aber "Atomstrom" wird seit 60(!) Jahren erzeugt und es gibt immer noch kein Endlager. WTF?
Es ist auch keins in Aussicht. Im neu ausgerollten "ergebnisoffenen" Prozess eins zu finden hat z.B. die bayerische Regierung schon ausgeschlossen, dass es in Bayern sein wird. Niemand will ein Endlager bei sich haben und Deutschland ist dicht besiedelt.
So wie es jetzt ist, wurden massive privatwirtschaftliche Profite gemacht und die Kosten für Jahrtausende lange Endlagerung den nachfolgenden Generationen an Steuerzahlern hinterlassen.
Und das ist der optimistische Fall, denn dass keine Radioaktivität in die Umwelt gelangt ist bisher ja nicht garantiert. Die aktuellen Zwischenlager sind nicht geeignet, und Unfälle passieren.
Ein anderes Problem ist, dass das Uran irgendwo her kommen muss, der Abbau Umwelt- und Gesundheitsschädlich ist, und die meisten Uranminen unter russischer Kontrolle sind.
Haben wir ein Endlager für den Abfall aus Kohlestrom? Nein, wir blasen es einfach in die Luft. Stört scheinbar keinen. Vielleicht sollten wir das Uran ja einfach zu Staub machen und dann genauso in die Luft blasen?
Kohle ist mit abstand die tödlichste Form der Energieerzeugung: https://www.tech-for-future.de/sicherste-energiequelle/
Es ist noch nicht ein einziger Mensch wegen Atommüll gestorben (!) wohingegen jedes Jahr tausende an der Luftverschmutzung von Kohle sterben.
Atomkraft ist keine dauerhafte Lösung, das werden können per Definition nur Erneuerbare sein. Aber Atomkraft ist nach wie vor eine sehr solide Möglichkeit um die Übergang zu 100% Erneuerbare zu schaffen.
Ich bin bestimmt nicht dafür, dass Deutschland neue Atomkraftwerke baut. Das ist ja jetzt vorbei und Atomkraft ist nicht so effizient wie Wind- und Sonnenenergie. Bayern ist auch nicht dafür, die Errichtung von Windmühlen oder Sonnenfarms zu erlauben.
Es stimmt, dass wir kein Endlager haben. Es gibt giftige Nebenprodukte von Kohle, Erdgas oder Mineralöl, welche wir auch nicht lagern, sondern in die Luft schmeißen.
Es wäre besser, wenn wir ein Endlager hätten, aber mMn ist es fast genauso schwer eine Tonne zu lagern wie drei. Wir (als Menschen, nicht unbedingt Deutschland) müssen schon eine Lösung für Atommüll finden, daher finde ich es auch okay, wenn wir eine größere Menge haben.
Ist das super verantwortungsvoll? Nein. Ich finde Kohle, Erdgas und Mineralöl noch weniger verantwortungsvoll, und daher habe ich Atomkraft immer politisch unterstützt, wenn es nur um Unerneuerbares geht. Da ungefähr 80% deutscher Energie kommt aus unerneuerbaren Quellen, war das leider oft.
Jetzt finde ich es quasi irrelevant, weil wir bessere Sonnen- und Windenergietechnik haben.
Naturkatastrophen können jederzeit passieren. Siehe aktuell die Hochwasserlage. Auch Dürren im Sommer sind problematisch für Atomkraftwerke, wie man in Frankreich beobachten kann. Atomkraft langfristig sicher zu betreiben ist ein vielfaches teurer als auf Sonne und vor allem Windkraft zu setzen.
Und jetzt haben wir fortgeschrittenere Sonnen- und Windkrafttechnik, aber bis ~2015 war Atomkraft viel besser für die Umwelt.
Man muss auch daran denken, dass Sonnen- und Windkraft leider kaum in Deutschland benutzt werden. Erneuerbare Energien sind nur ein kleiner Teil deutsches Energieverbrauchs.
Naturkatastrophen können passieren, stimmt. Aber ich glaube, Deutschland kann das. Frankreich hat einen großen Anteil an Atomkraft und trotz der Dürren (was Kraftwerke nur zum Stillstand wegen der Kühlung bringen) sind in 50 Jahren, laut Wikipediaauf Englisch aber nicht Deutsch, 16 Personen deswegen medizinisch behandelt und eine gestorben worden.
Ein Tod ist natürlich nicht nichts, aber keine Energie ist sicher. Menschen sterben auch weil Deutschland Atomkraft ersetzt hat.
Es gibt halt -trotz der mittlerweile bei vielen im Kopf vorhandenen Schere - immer noch Menschen die selber denken und vielleicht zu anderen Schlüssen kommen als man selber. Das so etwas dann direkt als Kampagne, Botnetzwerk oder ähnliches wahrgenommen wird zeigt nur mal wieder wie krank die heutige Mainstream Netzkultur ist.
Selber denken und Schlüsse ziehen sind essenzielle Werkzeuge eines erwachsenen Menschen. Aber dazu gehört auch, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen und Details zu überdenken, die man eventuell bisher falsch verstanden hat. Da geht es dann nicht um Meinung, sondern um kalte Fakten.
Es ist simpel, sich von irgendwelchen Leuten mit niederen Absichten vorplappern zu lassen "Kack Mainstreammeinung, die haben doch keine Ahnung! Meine Lösung ist viel einfacher und sexy!" und sich dann einzureden, dass man einer der wenigen Menschen ist, die die Welt wirklich verstanden haben. Ist halt meistens nicht so.