Schweizer Bundesrat dokumentiert chinesische Repression und Drangsalierung von Minderheiten durch die chinesische Regierung in der Schweiz – und erschrickt
Schweizer Bundesrat dokumentiert chinesische Repression und Drangsalierung von Minderheiten durch die chinesische Regierung in der Schweiz – und erschrickt
Die Regierung gibt eine Studie über die Drangsalierung von Minderheiten in der Schweiz in Auftrag. Das eindeutige Resultat kommt dem Bundesrat ungelegen.
- Ein Uigure berichtet, wie er in der Schweiz bedroht und überwacht wird – mutmasslich durch China.
- Eine wissenschaftliche Studie im Auftrag des Bundes zeigt, dass das System hat.
- Das Resultat der Studie sorgte im Bundesrat für Nervosität.
- Die Schweiz und China wollen ihr Freihandelsabkommen modernisieren.
«Wir wissen, wo du bist», habe die Stimme auf Chinesisch gesagt. «Wir wissen, was du machst.» So erzählt es Habibulla Izchi, ein Uigure, der mit seiner Familie in Winterthur lebt. Er ist 2016 aus seiner Heimat geflüchtet. 2019 und 2024 habe er anonyme Anrufe bekommen, in denen mutmasslich derselbe Mann ihn bedroht habe. Beim zweiten Mal habe ihn die Stimme auch gefragt: «Hast du Geschwister in China?»
«Meine Schwester und ihr Mann sind seit über vier Jahren in Lagern eingesperrt», sagt Izchi, der für Radio Free Asia und die «Uyghur Times» über die Verfolgung der Uiguren und anderer turkstämmiger Völker durch das kommunistische Regime in China berichtet. «Auch einer meiner Brüder ist verschwunden.»
Er selbst, sagt Izchi, fühle sich in der Schweiz grundsätzlich sicher. Er hat hier Asyl bekommen. Aber er fühle sich immer wieder überwacht: Früher seien seine Angehörigen und er auch in Zürich und Umgebung von ihnen unbekannten Chinesinnen und Chinesen auf der Strasse verfolgt worden. Heute würden sie eher über das Internet anonym bedroht. Bisweilen gäben sich die Überwacher auch keine Mühe, diskret aufzutreten: «Wenn ich nach Genf fahre, um an einem Anlass im UNO-Umfeld teilzunehmen, werde ich immer fotografiert.»
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Nun hat der [Schweizer] Bund diese Praxis erstmals umfassend dokumentieren lassen, tut sich laut mehreren Quellen aus der Verwaltung aber schwer mit dem Resultat. Eigentlich wollte der Bundesrat Anfang Jahr nach langer Verzögerung seinen Bericht über die Situation der Tibeter und Uiguren in der Schweiz veröffentlichen. Es handelt sich um einen Auftrag des Parlaments. Der Bericht basiert auf einer wissenschaftlichen Studie, die der Bundesrat extern in Auftrag gegeben hatte.
Doch dann wurde das Geschäft verschoben. Der Grund: Im [Schweizer] Bundesrat war man sich immer noch nicht ganz einig, wie man mit dem brisanten Inhalt der externen Studie umgehen soll. Gemäss Recherchen dieser Redaktion zeigt diese auf, wie China Tibeter und Uiguren in der Schweiz überwacht und einschüchtert.
Nun zeichnet sich ab, dass der Bundesrat zwar auf die Erkenntnisse der Studie verweisen wird. Er tut dies aber, ohne sich die Aussagen zu eigen zu machen oder daraus konkrete Handlungen abzuleiten. Offensichtlich will der Bundesrat China nicht verärgern. Namentlich das Aussendepartement von Bundesrat Ignazio Cassis plädierte dem Vernehmen nach für Zurückhaltung.
Neben diplomatischen sind handfeste wirtschaftliche Interessen im Spiel: Die Schweiz will das Freihandelsabkommen mit China modernisieren. Im Herbst beschlossen die beiden Staaten, Verhandlungen aufzunehmen. Auch im Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin wird der Bericht deshalb als heikle Angelegenheit betrachtet. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats forderte den Bundesrat im vergangenen Sommer vorsorglich dazu auf, den Bericht «in die Verhandlungen miteinzubeziehen». Sie liess offen, in welcher Form das passieren sollte.
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