Angesichts der andauernden Proteste der Bauern zieht die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Pestizidverordnung zurück. Laut Kommissionspräsidentin von der Leyen ist das Ganze damit aber nicht vom Tisch.
Es ist schon faszinierend: ein paar hundert, vielleicht einige tausend Bauern tuckern mit ihren Treckern in der Gegend rum, und kriegen schleunigst, was sie wollen.
Währenddessen sind Millionen von Menschen seit Jahren bemüht, ein Bewusstsein für Klimaschutz zu schaffen, damit endlich mal was passiert - und die schreien im Prinzip in den Abgrund, und werden dazu noch beschimpft, verunglimpft und strafrechtlich verfolgt. In den letzten Wochen sind unzählige Menschen gegen Rechtsextremismus und die Pläne der AfD auf die Strasse gegangen, und es kommen einfach keine klaren Signale aus der Politik (oder den Medien).
Die Verhältnisse sind verdammt ungleich und unausgewogen.
Es geht dabei sicher auch um Macht. Menschen die wegen der Klimakrise auf die Straße gehen haben halt leider kein richtiges Druckmittel. Ja sie haben ein paar Straßen blockiert. Aber das spüren halt trotzdem ned so viele.
Wenn Bauern protestieren dann sind auch andere Dinge in Gefahr wie Essenversorgung usw. D.h. auch die Wirtschaft ist betroffen.
Warts mal ab bis die Rechten auf die Idee kommen das Insekten-Sterben mit den Insekten-basierten Nahrungsmitteln in Verbindung zu bringen. Dann sind auf einmal die Leute die das essen am Insektensterben schuld und nicht die Pestizide.
Es sei ein "lobenswertes Ziel, die Risiken chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern."
Alter, wenn es nur 'lobenswert' und nur 'Risiken' wären, dann wäre das ja wirklich fast egal.
Aber uns sterben ziemlich hart die Insekten weg. Teilweise wegen Klimawandel, aber teilweise eben, weil wir sie schlicht umbringen. Ohne Insekten gibt es dann auch keine Landwirte oder Nahrung mehr.
Noch dazu bekommt gefühlt jeder Zweite irgendeine Lebensmittelunverträglichkeit oder Allergie. Am Schluss landet der ganze Mist dann noch im Grundwasser und es hilft nichts sich Bio zu ernähren.
Ich schimpfte auch schon lange auf die Politik, die ja wirklich so viel falsch macht. Ich weiß, dass der CO² Fußabdruck eine Kampagne war, mit der die fossilen Zerstörerkonzerne ihr Verantwortung auf uns alle abwälzen wollen. Böse, korrupte, kurzsichtige Psychopathen, ohne Scheiß! Aber ich habe da so einen einen Verdacht:
Wir haben in einigen Bereichen mehr Macht, als wir uns zugestehen. Du kannst ab sofort im Aldi nur noch Bio-Produkte kaufen, besser im Bioladen, noch besser als Gemüsekiste, noch besser bei deiner lokalen Solawi. Du kannst auch aufhören Tiere zu essen, niemand zwingt dich. Du kannst aufhören zu fliegen und ab sofort Second Hand kaufen, deine Kleidung und alle deine elektronischen Spielzeuge. Niemand muss bei Amazon bestellen, das ist deine freie, persönliche Entscheidung. Bring dein Geld zu einer grünen Bank, die deine Zinsen nicht mit Nahrungsmittelspekulation und Waffengeschäften verdient. Tust du das?
Vielleicht ist die Politik gar nicht so böse. Vielleicht bist du es auch, weil du zwar hier anonym und gemütlich ein bisschen schimpfst, aber dann trotzdem die billige Option wählst? Weil wir am Ende vielleicht doch alle Schnäppchenjäger sind. Und 45 Cent für die Dose Mais ist im im Moment der Entscheidung dann doch attraktiver als die gleiche Menge für 1,15€ im Glas. Einmal ein Auge zugedrückt, kontrolliert ja niemand!
Wenn ich nicht nur eine Dose Mais brauche und der Preisunterschied überall so ist, dann habe ich jetzt 2,5x höhere Lebensmittelkosten.
Das kann ich mir nicht leisten.
Ich wohne zur Miete auf 30qm/Person, besitze kein Auto, kaufe meine Klamotten und größere Anschaffungen Second Hand, fahre in Urlaub mit dem Zug, dem Fahrrad oder dem Wohnmobil meiner Mutter und raubkopiere meine Unterhaltungsmedien. Party mache ich in dem Kulturzentrum in dem ich Mitglied bin und umsonst saufen kann.
Ich arbeite Vollzeit. Und es bleibt trotzdem nix übrig, was ich ansparen könnte. Ich bin der deutsche Mittelstand (unter 50)!
Auch wenn ich die persönlichen Entscheidungen zu einem nachhaltigen Lebensstil befürworte, ist das mMn am Kern des Problems vorbei.
Die meisten Menschen orientieren sich an günstigen Preisen. Das kann teils aus Notwendigkeit heraus sein (zu wenig Geld) als auch aus Geiz. Bewusstsein über Kaufentscheidungen kann sicher helfen, aber die finanziellen Anreize schreien kräftig dagegen.
Und daran sind Entscheidungen auf politischer Ebene schuld. Die Fleischindustrie z.B. wird massiv subventioniert. Vom energetischen und wirtschaftlichen Standpunkt her ist das total blödsinnig. Ohne jene Subventionen wäre das zu diesen Niedrigpreisen nicht tragbar.
Und wenn die Bio-Gurke im Supermarkt mehr kostet als eine Packung billiges Fleisch, sieht man ziemlich klar, wie verkehrt diese Welt ist.
Da muss die Politik eben jene Rahmenbedingungen schaffen, die es selbst nicht nachdenken-wollenden und geizigen Menschen erleichtert und dazu ermutigt ein nachhaltiges Leben zu führen.
Ich stimme dir absolut zu, das System belohnt uns, wenn wir schlechte, selbstzerstörerische und verantwortungslose Entscheidungen treffen. Darum habe ich geschrieben:
Wie haben in einigen Bereichen mehr Macht als wir wahrhaben wollen.
Es ist schon beides. Unternehmen müssen umweltfreundlicher werden und Konsumentscheidungen steuern Unternehmen. Wenn sich damit Geld verdienen lässt, wird der Markt bedient/passt sich an, siehe vegane/vegetarische Ersatzprodukte. Ein großes Problem ist hier eher, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich umweltfreundlichere Produkte schlicht nicht leisten kann.
Die Idee einer repräsentativen Demokratie ist auch, dass ich am Wahltag jemanden bestimme, der/die sich in Vollzeit damit beschäftigt langfristig gute Entscheidungen zu treffen. Und systemische Probleme angeht, auf die der Einzelne keinerlei Einfluss hat; zum Beispiel eine fair vergütete ökologische Landwirtschaft zu fördern. Dafür investieren wir als Gesellschaft auch gutes Geld, z.B. für den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages; die dürfen dann Metastudien wälzen, wie genau wir den Agrarsektor in Ordnung bringen.
Also gib bitte nicht mir die Schuld am Zustand der Welt, weil ich gestern mal die erstbeste Maisdose im Supermarkt genommen habe, ohne noch nach einer unverpackten Fair-Trade-Bio-Alternative zu fragen. Jeder hat auch im Alltag seinen Anteil, klaro! - Aber das große Ganze verliert sich so im Klein-Klein.
Aber was tun, wenn es anscheinend weder in der Politik, noch in der Bevölkerung auch nur ansatzweise eine Mehrheit für eine echte Kursänderung gibt? Trotzdem privat das Richtige tun, bewaffneter Widerstand, Resignation?
Ist das jetzt alles eine absichtlich übertrieben ambitionierte gewählte Aufstellung, oder das bare minimum? Kann deinen Text nicht ganz deuten, aber ja. Wobei nicht fliegen und 2nd Hand Kram auch ein bisschen von der Geldnot her rührt ist der Rest halt irgendwie recht selbstverständlich. Oder wooosht hier gerade ein Witz an mir vorbei