Dem Tenor "da sterben zwar sehr viele Menschen, auch unschuldige—aber keine Sorge, das ist kein Genozid, weil es der israelischen Armee nicht um die komplette Vernichtung eines Volkes geht" kann ich nicht viel abgewinnen. Das ist vielleicht technisch korrekt, aber nicht besonders human.
Nicht seit dem Holocaust wurden so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag ermordet wie am 7. Oktober.
Das halte ich, bei aller individueller Trauer, ehrlich gesagt für eine Verharmlosung des Holocaust.
Laut dem UN Menschenrechtsrat ist Gaza zumindest "kurz vor" einem Genozid. Die Auslöschung der Palästinenser durch Ausweitung des Staates Israel und Besiedlung des Landes zwischen "dem See und dem Jordan" ist erklärtes Ziel der Likud und Netanyahu selber hat schon zum Genozid aufgerufen.
Also hast du nichts gegen den Artikel an sich sondern glaubst denen einfach so nichts weil der Menscherechtsrat nicht aus einer Mehrheit (ehemaliger) Kolonialstaaten besteht?
Ach ja, ist die Regel, dass man kommentieren muss, was man postet, noch in Kraft?
Okay. Genauso wie ich es unglaublich finde, dass internationale Organisationen einfach ungeprüfte Angaben der Hamas zB über Opferzahlen übernehmen und in der Welt weiterverbreiten, nervt mich auch dieses "Genozid"-Narrativ, das viele, leider auch Linke, vor sich hertragen.
Die verlinkte Kolumne erläutert nochmal kurz und sachlich, was ein Genozid ist und versucht, die aktuelle Situation einzuordnen.
Stimmt, die Art wie manche Medien das Thema kommentieren kann bestimmt nicht als neutral oder "auf Fakten basierend" bezeichnent werden.
Was mich da nervt ist, dass tw jedewede Kritik am Staat Israel pauschal als "Antisemitismus" bezeichnet wird, wohl auch mit dem Ziel Kritiker mundtot zu machen, obgleich solche Anschildigungen genauso Blödsinn sind wie der Ruf nach "Genozid".
Wobei die von Dir verlinkte Kolumne verschweigt (nicht weiß, bewusst weg lässt - wer weiß das schon) dass Israelische Politiker gegen Palestinenser hetzten (https://www.reuters.com/world/un-committee-voices-concern-about-rising-israeli-hate-speech-against-2023-10-27/) oder dass Siedler auf der Westbank Palestinensische Farmer erschießen und Farmen niederbrennen ( https://www.cbsnews.com/news/israel-west-bank-palestinians-violence-settlers-tensions/ ) was die ja auch nicht aus Liebe tun.
Da läuft grade viel falsch und man kann beide Seiten für die jeweils durchgeführten Greueltaten kritisieren, das geht.
Die Genozidvorwürfe richten sich ja gegen die IDF, die im Moment das Recht auf Selbstverteidigung ausübt, das jeder Staat hat, der angegriffen wird. Dass Siedler, die Verbrechen begehen, vor ein Gericht gestellt gehören, steht für mich außer Frage. Aber die IDF tut nunmal alles, was taktisch machbar ist, um zivile Opfer zu vermeiden. Jeden Tag mehrere Stunden Feuerpause, damit Zivilisten Gaza-Stadt verlassen können (während die Hamas fröhlich weiter Raketen auf Israel abfeuert), die üblichen Anrufe bei Palästinensern, damit sie Häuser verlassen, die beschossen werden sollen. Ebenso habe ich noch nichts darüber gehört, dass israelische Soldaten vergewaltigend und metzelnd durch die Straßen ziehen. Aber solange viele den Angaben der Hamas glaubt, die Minuten nach einem israelischen Angriff berichtet, dass soundsoviel Tausend Kinder dabei gestorben sind (woher kennt die Hamas immer so schnell genaue Zahlen?), hat die Wahrheit wohl keine Chance.
Einerseits bedarf es nicht vieler (Todes)opfer, um die Täter*innen des Völkermordes zu überführen, solange die Absicht zur Vernichtung erwiesen werden kann. Andererseits ist es selbst dann kein Völkermord, wenn sämtliche oben erwähnten Tatbestandsmerkmale von a bis e erwiesen werden können, ohne dass die Tatabsicht festgestellt wird.
Das Wort Genozid hab ich in letzter Zeit einfach zu oft gehört. Da hat sich sogar gesetzlich einiges geändert, obwohl sich die Historiker permanent dagegen gewehrt haben. So inflationär wie das Wort mittlerweile benutzt wird, muss man halt einfach sagen, dass das was in Gaza passiert ein Genozid ist. Würde das Wort vorsichtiger genutzt werden, wie ich es eigentlich auch als richtig empfinden würde und wie es der Artikel nahelegt, wäre das in Gaza kein Genozid. Und bevor jetzt wieder irgendwelche Spinner aus ihren Ecken gekrochen kommen: Wenn ich sage, dass etwas kein Genozid ist, dann heißt das noch lange nicht, dass ich die entsprechenden Geschehnisse als gut empfinde oder unterstütze.
Ich verweigere mich ja durchaus dagegen und habe das in der Vergangenheit auch schon öfters klargestellt. Die Leute sind dann aber immer direkt empört. Im schlimmsten Fall mache ich mich sogar strafbar.
Die Gesetzesänderungen sind nicht beschlossen worden, weil die Historiker sich plötzlich geeinigt haben und den Sachverhalt entgültig geklärt haben, sondern es wurde schlicht im Kontext des Ukraine-Krieges beschlossen. Und damit hat sich eben auch die Bedeutung des Wortes Genozid geändert.
EDIT: Meine Handlungsweise zu beschreiben ist halt schwierig. Ich kann halt höchstens aufzeigen, was der Gesetzgeber aus welchen Gründen gemacht hat und welche Konsequenzen dadurch entstehen.